Die gleiche Schwerkraft, die Skifahren, Mountainbiken und Wildwasserabfahrten antreibt, liefert Wasserkraft, eine wichtige Energiequelle aus den Alpen.
Aufgrund der gebirgigen Geomorphologie des Alpenbogens stellt die Wasserkraft eine bedeutende Energiequelle für die Erzeugung von umweltfreundlichem Strom dar. Wie bei jeder Energiequelle kann man jedoch keine Reserven vorhalten und selbst die besten Solar- und Windkraftwerke sind nachts und bei Windstille nutzlos Tage.
Stromnetze können keine Energie speichern, daher müssen Stromverbrauch und -produktion eines Kraftwerks immer im Gleichgewicht sein und Energieversorger müssen schnell auf Verbrauchsschwankungen oder kurzfristige Spitzen reagieren, um die Kapazität zu erreichen.
Pumpspeicherkraftwerke als Batterien.
Pumpspeicherkraftwerke ermöglichen den spontanen Ausgleich der Über- oder Unterproduktion aus Wind- und Solarenergiequellen und ermöglichen bei Bedarf die Zwischenspeicherung des Stroms für Tage oder Wochen. Entscheidend für die Flexibilität dieser Kraftwerke ist die Größe der verfügbaren Speicher.
Pumpspeicherkraftwerke sind eine Möglichkeit, die benötigte Energie innerhalb von Minuten zu erzeugen und überschüssige Energie Tag und Nacht zuverlässig zu speichern. Mithilfe von Ober- und Unterbecken wird Wasser vom Oberbecken durch Turbinen bergab geleitet, die wiederum Generatoren antreiben. Wenn überschüssige Energie erzeugt wird, wird diese dazu verwendet, Wasser vom unteren Reservoir in das weiter oben gelegene Reservoir zurückzupumpen. Das bedeutet, dass ein kontinuierlicher Vorrat an potenzieller Energie vorhanden ist, der in Spitzenverbrauchszeiten zur Stromerzeugung genutzt werden kann.
Das Konzept, Energie mit Hilfe der Wasserkraft zu speichern, ist nicht neu und die ersten Pumpspeicherkraftwerke wurden in Mitteleuropa in den 1920er Jahren gebaut. Allerdings sind solche Kraftwerke nicht unbedingt sehr effizient, da das Zurückpumpen des Wassers bergauf mehr Energie erfordert, als zurückgewonnen werden kann.
Dennoch sind Pumpspeicherwerke erforderlich, um die Schwankungen der Stromnachfrage auszugleichen, damit die Systeme so ausgeglichen werden, dass der in Schwachlastzeiten, beispielsweise in der Nacht, erzeugte Strom zum Pumpen von Wasser in das Oberbecken genutzt wird Wird dann bei hoher Nachfrage zur Stromerzeugung genutzt.
Das Alpenkraftwerk Nant de Drance in den Schweizer Alpen ist eines der modernsten Pumpspeicherkraftwerke der Welt. Dieses 2008 begonnene und 2017 fertiggestellte Joint Venture unter der Leitung von Alpiq und unter Beteiligung der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), IWB und FMV verbindet zwei Stauseen: den Lac d’Emosson, der mit 227 Millionen Kubikmetern der zweite Stausee ist -größter Stausee der Schweiz, und der höher gelegene Stausee Lac du Vieux Emosson auf 2.200 m ü.
Sechs 150-Megawatt-Turbinen werden mit der in den Stauseen gespeicherten Energie Generatoren antreiben, die 625.000 Haushalte mit Strom versorgen können. Die Turbinenstation wird in einer kirchengroßen, 190 m langen und 52 m hohen Kaverne zwischen den beiden Stauseen auf 1.700 m Höhe über dem Meeresspiegel errichtet. Zwei separate Wasserkanäle verbinden die beiden Stauseen.
Die komplexen Bauarbeiten erforderten den Bohrvorgang eines 5,6 km langen Zugangsstollens in den Berg, der anschließende Bau einer Maschinenkaverne, einer Transformatorkaverne und zweier paralleler Wasserstraßen, bestehend aus Ein- und Auslaufbauwerken, vor- und nachgelagerten Druckstollen sowie vertikalen Druckschächten.
Das neue Kraftwerk trägt mit seiner Pump- und Turbinenleistung von 900 Megawatt wesentlich zur künftigen Energiesicherheit der Schweiz bei. Der größte Teil der Anlage liegt unterirdisch und nach Angaben der Betreibergesellschaft wird das Kraftwerk nur minimale Auswirkungen auf die Umgebung haben.
Die Arbeiten für den Nant de Drance-Aushub für den Zugangstunnel dauerten aufgrund geologischer Probleme länger als geplant. Im Winter wurden die Arbeiten an allen Bauabschnitten oberhalb von 2.000 m eingestellt, da diese nur von außen erreichbar sind und daher Schnee liegt.
Eine Tunnelbohrmaschine mit einem 10-m-Bohrkopf bohrte sich je nach Gesteinsart durchschnittlich 20 Meter pro Tag in den Berg. Beeindruckend ist, dass der Tagesrekord bei 40 Metern liegt.
Mehr als die Hälfte der Schweizer Stromproduktion stammt aus der Wasserkrafterzeugung. Mit dem geplanten Atomausstieg will der Schweizer Bundesrat die Wasserkraft ausbauen. Allerdings ist das verfügbare Potenzial tatsächlich recht begrenzt und wird selbst im besten Fall nicht mehr als 3,2 TWh oder etwa 10 % der aktuellen Wasserkrafterzeugung betragen. Ein Drittel davon wird aus der Modernisierung bestehender Kraftwerke und jeweils ein Drittel aus dem Bau neuer Klein- und neuer Großwasserkraftwerke stammen.
Wasserkraft ist nicht nur für die Schweizer Stromversorgung notwendig, sondern insbesondere in den Bergregionen auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, da die örtlichen Kantone und Gemeinden die Wasserhoheit innehaben und das Wasser für eine vereinbarte Nutzungsdauer, in der Regel 80 Jahre, verpachten von den Elektrizitätsunternehmen und erhält im Gegenzug Konzessionsgebühren, Wassergebühren und Steuereinnahmen Natur.
Wasserkraft kann zwar eine relativ nachhaltige Lösung für den Energiebedarf bieten, kann aber auch ökologisch destruktiv für Landschaften und Süßwassersysteme sein.
In den Alpen gibt es rund 550 Wasserkraftwerke mit mehr als 10 MW und 2900 GWh Jahresleistung (Quelle: Alpenkonvention). Dieser Druck beeinträchtigt die ökologische Integrität alpiner Flüsse und Seen erheblich. Diese Energiesysteme erfordern großflächige Umleitungen von Flüssen und Bächen sowie den Bau großer Speicherbecken, die natürliche Lebensräume zerstören. Wasserkraftwerke stellen eine der größten Bedrohungen für die natürlichen Flusssysteme der Alpen dar, da sie die Wanderrouten für Tiere und Wildtiere unterbrechen und häufige Überschwemmungen verursachen.
Obwohl Wasserkraft theoretisch als „saubere“ Energie betrachtet werden kann und Wasser und Schwerkraft zur Stromerzeugung genutzt werden, nutzen viele Wasserkraftwerke in den Alpen billige Kohle- oder Atomkraft, um Wasser zurück in den Stausee zu pumpen.